Was bedeutet Prozessdigitalisierung? Warum sollten Unternehmen ihre Abläufe und Tätigkeiten digitalisieren? Und wie lassen sich analoge Prozesse in digitale überführen? Diese und weitere Fragen klären wir in diesem Ratgeber.
Bevor wir tief in die Materie der Prozessdigitalisierung einsteigen, definieren wir zuerst ein paar grundlegende Begriffe. Denn Bezeichnungen wie Prozess, Unternehmensprozess, Prozessdigitalisierung und Prozessautomatisierung klingen ähnlich, doch sie sind keine echten Synonyme.
Der Begriff Prozess kennt mehrere Definitionen. Im unternehmerischen Umfeld steht er für eine Abfolge von Tätigkeiten, die sich gegenseitig beeinflussen und oft nacheinander erfolgen. Jeder Arbeitsschritt dient dazu, ein Ziel zu erreichen und ein gewünschtes Ergebnis zu erhalten.
Unternehmensprozesse - auch Geschäftsprozesse genannt - sind Prozesse innerhalb von Unternehmen. Die Arbeitsabläufe und deren einzelnen Arbeitsschritte dienen beispielsweise dazu, Ressourcen bereit zu stellen, Messungen und Analysen vorzunehmen, Produkte herzustellen und Aufgaben zu verteilen. Die Fachliteratur unterscheidet bei den Unternehmensprozessen unter anderem zwischen Kernprozessen, unterstützenden Prozessen und Managementprozessen.
Beschäftigen Sie sich mit der Konzeption, Umsetzung und Steuerung von Geschäftsprozessen, sind Sie im Prozessmanagement - englisch: Business Process Management (BPM) - tätig. Optimieren Sie bestehende Betriebsabläufe, sind Sie für die Business Process Optimization (BPO) zuständig.
Prozesse, die ohne das ständige Eingreifen von Menschen funktionieren, sind automatisiert. Bei der Prozessautomatisierung geht es darum, Abläufe in derartige Schritte zu zerlegen, dass diese durch passende Technologien selbstständig erledigt werden können. Das Ergebnis sind teil- oder vollautomatisierte Prozesse.
Setzen Sie die Prozessautomatisierung in Ihrem Unternehmen ein, spricht man von Geschäftsprozess-Automatisierung. Der englische Fachbegriff dafür lautet Business Process Automation (BPA).
Menschliche Tätigkeiten und Arbeitsabläufe werden bei der Prozessdigitalisierung digitalisiert. Das bedeutet, derartige Prozesse führen nicht mehr Menschen durch, sondern Software-Anwendungen oder große IT-Systeme. Der Input wie auch der Output sind - salopp gesprochen - eine Ansammlung von Bits und Bytes.
Was im Deutschen als Prozessdigitalisierung bekannt ist, nennt sich im Englischen Business Process Digitization (BPD).
Wenn Sie Prozesse automatisieren, können Sie das mit Maschinen und Robotern erledigen. Die Abläufe erfolgen dann manuell oder halb-digital. Bei der Prozessdigitalisierung geht es darum, Prozesse komplett digital abzubilden, sodass sie nicht mehr greifbar sind. Doch diese müssen nicht zwangsläufig eigenständig - also automatisiert - ablaufen.
Vermischen Sie Prozessautomatisierung und Prozessdigitalisierung, erhalten Sie automatisierte, digitale Abläufe. Diese Symbiose ist als Robotic Process Automation (RPA) bekannt.
In Unternehmen kommt die Prozessdigitalisierung in vielen Bereichen vor. Zum einen können Sie die Prozessdigitalisierung nutzen, um bestehende, größtenteils manuelle oder analoge Prozesse zu digitalisieren. Zum anderen machen es immer bessere Technologien wie Machine Learning (ML) bzw. Künstliche Intelligenz (KI) möglich, neue, vollautomatisierte und digitale Prozesse zu entwickeln.
Bei der Prozessdigitalisierung geht es somit nicht nur darum, etablierte Arbeitsabläufe eins zu eins ins Digitale zu transformieren, sondern ebenso darum, komplett neue, digitale Prozesse zu kreieren.
Das Neudenken ist extrem wichtig. Ansonsten überführen Sie vielleicht schlechte, analoge Prozesse in schlechte, digitale Prozesse. Passend dazu sagte einmal Thorsten Dirks, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Telefónica Deutschland: „Wenn Sie einen Scheißprozess digitalisieren, haben Sie einen scheiß digitalen Prozess.”
Die Buchhaltung bestand früher aus viel “Papierkram”: Es wurden Ausgangsrechnungen ausgedruckt und verschickt, zudem Eingangsrechnungen manuell erfasst und in Ordnern abgeheftet. Dank Prozessdigitalisierung laufen derartige Abläufe digital und (teil-)automatisiert ab: So erstellen E-Commerce-Systeme eigenständig Ausgangsrechnungen und verschicken diese; und Eingangsrechnungen landen im Postfach und werden von Buchhaltungsprogrammen automatisch verarbeitet.
Rückläufe und Reklamationen können zu hohen Aufwänden in Unternehmen führen. Das muss nicht sein! Zum Beispiel digitalisierte CITRO für Sunrise Medical den Kundenservice. Seitdem werden Anfragen automatisch an die zuständigen Stellen weitergeleitet und transparent gemacht. Eine zentrale Software sorgt dafür, dass ein hoher E-Mail-Verkehr und lange Excel-Listen in der Kundenbetreuung der Vergangenheit angehören.
Mit der Digitalisierung wächst auch die Gefahr von Cyberangriffen. Deshalb müssen Unternehmen ihre IT-Systeme richtig absichern, was aber in der Regel mit viel manueller, repetitiver Arbeit verbunden ist. Spezielle Security-Lösungen machen es möglich, Aufgaben wie die Härtung der Systeme zu automatisieren - und das selbst bei großen Systemlandschaften.
Anders gefragt: Warum sollte man Prozesse digitalisieren? Die einfache Antwort: Weil die Abläufe dadurch effizienter werden.
Auf diese Frage lässt sich keine pauschale Antwort geben. So vielfältig wie die Anforderungen fällt auch die Auswahl an passenden Tools aus. CRM-, DMS- und ERP-Systeme, Buchhaltungssoftware, Automatisierungsprogramme, Low-Code-Plattformen … was Sie am Ende einsetzen, hängt von Ihren Voraussetzungen und Zielen ab. Deshalb ist es eminent wichtig, dass Sie Ihre Prozessdigitalisierung geplant und strategisch angehen.
Auch wenn es verführerisch klingt, eine All-in-one-Suite zu nehmen, so ist das in vielen Fällen nicht sinnvoll. Um Ihre individuellen Herausforderungen erfüllen zu können, benötigen Sie wahrscheinlich eine individuelle Lösung. Das kann ein umfassendes Tool-Set oder einzelne, speziell für Sie entwickelte Anwendungen sein.
Denken Sie bei der Auswahl der Tools nicht nur an den Status Quo. Software-Lösungen, die heute als geeignet erscheinen, sind unter Umständen nicht für Skalierungen oder Veränderungen nutzbar. Planen Sie voraus und definieren Sie, welche Anforderungen Sie kurz- und mittelfristig haben.